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1. Erste BegriffeVon den Grundlagen der GeometrieDie aus der Schule bekannten Begriffe "Punkt", "Gerade", "Strecke", "Länge", "Winkel" werden behandelt, um sie bei allen Hörern der Vorlesung mit demselben Inhalt zu füllen. Der Unterschied zwischen "Geometrie als Sprachfunktion" und "Geometrie als Denkmodell" soll herausgearbeitet werden. Der "Ort des Geschehens" ist die (theoretisch unbegrenzte) Zeichenebene G
("Gamma"). Wir sammeln nun Eigenschaften, die als gemeinsame Basis für den Aufbau der Geometrie dienen können: *1 Es gibt unendlich viele " P u n k t e " in G .Punkte bezeichnen wir hier mit Großbuchstaben: A, B, C, .. Achtung: Wir haben nicht erklärt, was man unter einem
Punktversteht; mehr davon später!! Zunächst werden wir uns mit Punkten in G beschäftigen (X Î G½ebene Geometrie), später auch mit Punkten, die außerhalb von "im Raum" liegen (X Ï G Raumgeometrie). Bemerkung: Einfache Symbole der Mengenlehre dienen uns zur Vereinfachung und Verkürzung der sonst oft umständlichen Schreibweise. Wir wählen zwei Punkte A Î G und B Î G: Durch sie kann man eine "LINIE" ( = Punktmenge) legen, mit Hilfe eines Lineals eine GERADE LINIE oder eine GERADE. Diese stellen wir uns immer (zumindest theoretisch) unbegrenzt vor, aber praktisch lässt sich wegen des endlich langen Lineals nur ein Teil davon zeichnen. Diesen Teil nennen wir eine STRECKE.
Wir erkennen: *2 Durch zwei verschiedene Punkte führt genau ........... Gerade.
*3 Auf jeder Geraden gibt es mindestens ........... Punkte.
*4 Außerhalb jeder Geraden liegt mindestens ........... Punkt.Wir zeichnen eine Gerade (einen Ausschnitt davon): Man erkennt: *5 Die Punkte einer Geraden lassen sich ordnen.Wir schreiben A < B für A "vor" B, d.h., wenn A vor B gezeichnet wurde.
*6 Auf der Geraden AB mit A < B gibt es Punkte P, Q, R mit P < A, A < Q < B, B < RZeichnet man auf einer Geraden g zwei Punkte A und B ein, dann gilt eine der drei Beziehungen A = B oder A < B oder B < A Diese Eigenschaft heißt die TRICHOTOMIE der <-Relation. Wir betrachten nun drei Punkte auf einer Geraden g: Wenn A < B und B < C gilt, dann folgt daraus A ...........C Dies nennt man die TRANSITIVITÄT der <-Relation.
Die bisher gesammelten Eigenschaften mussten nicht näher begründet werden, sie waren "jedem" anschaulich klar. Auf diesen Grundsätzen - auch ........... genannt - wird nun aufgebaut. Beispiel für eine Folgerung aus diesen Axiomen: Auf jeder Geraden liegen unendlich viele Punkte.Denn, gäbe es nur endlich viele Punkte auf einer Geraden g, dann würden sich diese nach * ........... ordnen lassen (und bei endlich vielen gäbe es dann einen "ersten" und einen "letzten" Punkt, nennen wir sie kurz A und B). Dies führt aber zu einem Widerspruch mit *.........., nach dem es zu zwei Punkten A und B auf einer Geraden ja auch Punkte P mit P < A und R mit B < R gibt. Dann ist aber A nicht mehr der erste Punkt, weil P vor A liegt, genauso ist B nicht der letzte. Diese - sehr ausführlich - beschriebene Begründung stellt einen indirekten Beweis dar: Man nimmt das Gegenteil der zu beweisenden Tatsache (unendlich viele) an und zeigt dann, dass dies im Widerspruch zu einem anderen allgemein akzeptierten Axiom steht. Auf Grund welches Grundsatzes darf man sich die Punkte auf einer Geraden nicht wie Perlen auf einer Schnur vorstellen ? Auch diese Tatsache fasst man zu einem Begriff zusammen: Da zwischen je zwei Punkten einer Geraden stets noch ein Punkt liegt, sagt man : "Die Punkte einer Geraden liegen dicht." Bekannt ist diese Tatsache von den rationalen Zahlen her, die auf der Zahlengeraden dicht liegen. (Also: Zwischen je zwei Bruchzahlen liegt stets eine weitere.) Mit Hilfe der < - Relation und der Grundbegriffe "Punkt" und "Gerade" können die Begriffe Strecke und Strahl definiert und damit genauer gefasst werden: Strecke ( = "Stück einer Geraden mit 1. und letztem Punkt") { X Î
G½
(A < X Ù X < B) v (X=A) v (X=B)}
Analog zu oben kann man zeigen, dass auch eine Strecke unendlich viele Punkte enthält. Ein Streckenzug entsteht durch Aneinandersetzen von Strecken.
Strahl ("Halbgerade") { X Î
G½
(X=A) v (X < A)}
Jeder Punkt einer Geraden teilt diese in zwei Halbgeraden. "Punkt" und "Gerade" sind (übrigens nicht definierte) GRUNDBEGRIFFE, Strecke und Strahl daraus abgeleitete Begriffe. Konstruktion eines Streckenzuges: Aufgabenstellung: Ein Hund (Position H ) sieht einen Radfahrer (Position R ) und läuft auf ihn zu. Nach einer Sekunde hat der Hund eine bestimmte Strecke zurückgelegt, dann schaut er wieder auf den Radfahrer, der aber seinerseits ein Stück weitergefahren ist. Der Hund läuft nun auf diese neue Position des Radfahrers zu. Auf diese Art und Weise kann man die Verfolgungskurve durch einen Streckenzug annähern. Vorausgesetzt wird außerdem, dass sich beide mit konstanter Geschwindigkeit bewegen. Ein Beispiel für einen der zahlreichen Links im Internet dazu: Text von Susanne Neuhaeusler über die Geschichte der Verfolgungskurven mit Java-Applets dazu. Zur Definition eines Winkels
Diese Definition verwenden wir zur Herleitung des Winkelbegriffs:
Wie misst man Längen?Dazu legt man vorerst fest: LÄNGE = Zahl AB , die irgendzwei Punkten A und B zugeordnet wird, sodass gilt:
Bemerkungen zur Längenmessung:Man gibt eine bestimmte Einheitsstrecke e (z.B.: 1 m, 1 cm, 1 Fuß, 1 Meile, ...) vor und schaut, wie oft diese in der zu messenden Strecke AB enthalten ist. Dies kann z.B. durch Abtragen dieser Strecke e mit dem Zirkel geschehen. Enthält die Strecke AB ein ganzzahliges Vielfaches der Strecke e oder ist sie durch Teiler -- von e oder deren Vielfache meßbar, so heißen e und AB kommensurabel, ansonsten inkommensurabel ( z.B.: e = 1 cm, AB = Diagonale eines Quadrates mit der Seitenlänge e). Bemerkung zur Schreibweise:In diesem Skriptum wird AB sowohl für die Gerade, die durch A und B festgelegt ist, als auch für die Strecke mit den Endpunkten AB und der Länge der Strecke AB verwendet. In den Schullehrbüchern wird - didaktisch günstiger - zwischen AB (Gerade) und (Strecke) [oder genauer (AB) = Strecke und = Länge der Strecke] unterschieden. WinkelmessungJedem Winkel lässt sich eine nichtnegative reelle Zahl (Winkelmaß) eindeutig zuordnen mit folgenden Eigenschaften:
Durch die zweite Eigenschaft wird die Einheit der Winkelmessung festgelegt:
Nebenwinkel, Scheitelwinkel:geg: 2 Gerade a,b
exakter: Nebenwinkel: Durchschnitt = Strahl, Vereinigung = Halbebene; Scheitelwinkel haben gemeinsame Nebenwinkel Summe der Maße zweier Nebenwinkel = 180° (sie sind "supplementär"), 2 Scheitelwinkel haben jeweils gleiches Maß!
Gerade, die einen rechten Winkel festlegen, heißen zueinander normal, senkrecht oder orthogonal. [a ^ b] Folgende Unterscheidung ist bei Winkeln üblich:
Def: Zwei Geraden heißen parallel (a | | c), wenn sie keinen Punkt gemeinsam haben (oder wenn sie identisch sind).
Interessanterweise lässt sich diese einfache Tatsache nicht aus den bisherigen Grundsätzen ableiten, wir formulieren deshalb noch ein Axiom: *7 Zu jeder Geraden g gibt es durch jeden Punkt P genau ......... Parallele.Dieses "Parallelenaxiom" steht hier in der Fassung von David HILBERT (1862 - 1943, Professor in Göttingen).
Erweiterungen, Vertiefungen, Anhänge zum 1. Kapitel WAS IST GEOMETRIE ?
Zitat aus ENCARTA 98 Ezyklopädie von Microsoft Geometrie (griechisch gemetría: Feldmesskunst), Zweig der Mathematik, der sich in seiner elementarsten Form z. B. mit der Bestimmung von ebenen (zweidimensionalen) und räumlichen Figuren sowie mit der Berechnung von Längen, Flächen und Volumen von Körpern beschäftigt. Nach einer allgemeineren Definition befasst sich die Geometrie insbesondere mit den metrischen Eigenschaften des Raumes. Wie andere Wissenschaftszweige lässt sich auch die Geometrie nach unterschiedlichen Kriterien in diverse Unterdisziplinen einteilen. Gemäß einer Einteilung untersucht die Geometrie Eigenschaften von Gebilden, die bei Transformation (Lageänderung) dieser Gebilde erhalten bleiben. Ein einfaches Beispiel für diese Disziplineinteilung wäre die Umklappung eines Dreiecks an einer Symmetrieebene (siehe Symmetrie). Eine andere, sehr bekannte Einteilungsmöglichkeit wäre die Klassifizierung in euklidische und nichteuklidische Geometrie. Dreh- und Angelpunkt dieser Einteilung ist das so genannte Parallelenaxiom, das Euklid in seinem Werk "Die Elemente" (etwa 300 v. Chr.) vorstellte – in einer etwas abgewandelten Version sagt dieses Postulat Folgendes aus: "Zu jeder Geraden G und jedem nicht auf dieser Geraden liegenden Punkt P gibt es genau eine andere Gerade G’, die wohl durch den Punkt P verläuft, aber nicht die Gerade G schneidet, also parallel zur Geraden G ist." Im Gegensatz zur euklidischen Geometrie gilt in der nichteuklidischen Geometrie dieses Postulat nicht. ... Kopie aus dem Lehrplan (Fassung 2000)
Bei der Stoffangabe heißt es bei der 1. Klasse unter anderem:
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